Adhesive arachnoiditis: 10 keys to diagnosis & treatment

Adhäsive Arachnoiditis ist eine Entzündung der Häute, die Rückenmark und Nervenwurzeln umgeben. Sie kann innere Narben bilden, die Wurzeln miteinander „verkleben“ und so chronische Schmerzen, Kribbeln, Schwäche und in manchen Fällen Blasen- oder Darmprobleme verursachen. Eine einfache Heilung gibt es nicht, aber es gibt einen klaren diagnostischen Pfad und Möglichkeiten, Schmerzen und Funktion zu verbessern. Dieser Leitfaden hilft, Warnzeichen, sinnvolle Untersuchungen, therapeutische Alternativen und den richtigen Zeitpunkt für eine Notfallvorstellung zu erkennen.

  • Nicht jede ischiasähnliche Lendenwirbelsäulenschmerz-Episode ist gleich: Adhäsive Arachnoiditis hat eigene klinische und bildgebende Hinweise.
  • Das MRT ist entscheidend; in Grenzfällen kann ein MRT in Bauchlage zusätzliche Informationen liefern.
  • Die Behandlung ist meist multimodal und nicht operativ; eine Operation bleibt sehr ausgewählten Situationen vorbehalten.
  • Warnzeichen mit dringlichem Abklärungsbedarf: plötzlicher Kraftverlust, Fieber, neu aufgetretene Inkontinenz, rasch zunehmende Schmerzen.

Was ist adhäsive Arachnoiditis?

Arachnoiditis ist eine Entzündung der Arachnoidea, einer der Meningen, die Rückenmark und Nervenwurzeln schützen. In der „adhäsiven“ Form hinterlässt die Entzündung innere Narben, die Wurzeln anhaften lassen—untereinander oder an der Wand des Duralsacks. Diese „Klebigkeit“ verhindert das normale Gleiten der Nerven und fördert anhaltende, oft brennende Schmerzen mit Parästhesien und Krämpfen. Sie teilt Merkmale mit Radikulopathien, Spinalkanalstenose oder dem Failed-Back-Surgery-Syndrom (FBSS), was bei fehlender Beachtung zu verspäteten Diagnosen führen kann.

 

Symptome und Hinweise, die Verdacht wecken sollten

  • Lendenschmerz mit Ausstrahlung in Gesäß oder Beine, brennend oder wie Stromstöße.
  • Kribbeln oder Ameisenlaufen in den Beinen.
  • Muskelkrämpfe und nächtliche Wadenkrämpfe.
  • Schwäche oder das Gefühl, dass das Bein „nachgibt“, mit Stolpern oder unsicherem Gang.
  • Sphinkterstörungen (Harn­drang, Leckagen, Verstopfung), insbesondere wenn neu.
  • Verschlechterung bei anhaltenden Haltungen oder Belastungen, die die Wurzeln spannen.

 

Alarmzeichen (in die Notaufnahme): Fieber mit Wirbelsäulenschmerz, plötzlicher Kraftverlust, Sattelanästhesie, neu aufgetretene Inkontinenz, Schmerzen, die sich trotz Analgesie von Tag zu Tag verschlimmern.

 

Ursachen und Risikofaktoren

Adhäsive Arachnoiditis kann mit verschiedenen Situationen zusammenhängen. Keine davon allein beweist die Erkrankung; entscheidend ist die Kombination aus klinischem Kontext und Bildgebung.

  • Vorangegangene Wirbelsäulen­eingriffe oder neuraxiale Verfahren (besonders bei Mehrfacheingriffen).
  • Meningeale oder epidurale Infektionen.
  • Wirbelsäulentrauma.
  • Degenerative Prozesse (Stenose, chronische Hernie).
  • Historische chemische Reizstoffe (z. B. bestimmte alte Myelographie-Kontraste).
  • Entzündliches/autoimmunes Milieu bei manchen Menschen.

 

Wie wird sie diagnostiziert?

Anamnese und neurologische Untersuchung

Schmerzverteilung, Kraft, Reflexe und Sensibilität (bei Bedarf auch perineal), Gangbild und Belastbarkeit prüfen. Operationsanamnese und Umstände des Beginns erheben.

 

Magnetresonanztomographie (MRT)

Das MRT ist die Schlüsseluntersuchung. In fortgeschrittenen Stadien sieht man Wurzelbündelung, verminderten Liquorfluss oder das „Empty-sac“-Zeichen mit an die Peripherie angehefteten Wurzeln. Ist ein MRT in Rückenlage uneindeutig, die klinische Wahrscheinlichkeit jedoch hoch, erwägen manche Zentren ein MRT in Bauchlage, um subtile Adhäsionen oder Liquorblockaden sichtbar zu machen.

 

Differenzialdiagnosen

  • Radikulopathien durch Bandscheibenvorfall oder Stenose.
  • Postoperative Arachnoiditis vs. epidurale Fibrose (Narbe außerhalb der Dura).
  • Syringomyelie, tethered cord (angeheftetes Rückenmark), fokale Arachnoiditis mit Zysten.
  • Periphere Neuropathien, Facettengelenk-Schmerz, myofasziale Syndrome.

 

Welche Behandlungsoptionen gibt es

Abbildung eines LWS-MRT mit typischer Wurzelbündelung bei Arachnoiditis
Das MRT hilft, mit adhäsiver Arachnoiditis vereinbare Zeichen zu identifizieren.

1) Pharmakologische Behandlung (immer ärztlich begleitet)

  • Modulatoren neuropathischer Schmerzen mit individualisierten Schemata.
  • Konventionelle Analgetika; Opioide sind refraktären Fällen und kurzen Zeiträumen vorbehalten.
  • Kortikosteroide in sehr spezifischen Situationen; keine Dauerlösung.

 

2) Rehabilitation und Selbstmanagement

  • Individuell dosierte, progressive Bewegung: Gehen, Heimtrainer oder Aquatherapie, an die Schmerzen angepasst.
  • Haltungs- und Motoriktraining (Beckengürtel, Gesäß, Rumpf).
  • Schlafhygiene und Gelenkschutz (dauerhafte Haltungen vermeiden, Mikropausen einlegen).
  • Psychologische Unterstützung und Schmerzedukation, um Behinderung und Katastrophisieren zu reduzieren.
Sanfte Aquatherapie bei chronischen Kreuzschmerzen
Wasserbasierte Aktivität reduziert die Belastung und kann die Trainingsadhärenz verbessern.

3) Ausgewählte interventionelle Verfahren

  • Rückenmarkstimulation (SCS) oder periphere Feldstimulation bei refraktären neuropathischen Schmerzen.
  • Diagnostische/therapeutische Blockaden in gut begründeten Fällen.
Schema der Rückenmarkstimulation mit epiduralen Elektroden
Neuromodulation kann bei ausgewählten Profilen neuropathische Schmerzen lindern.

4) Und die Operation?

Eine Operation ist bei diffuser Arachnoiditis nicht der Regelweg. In streng ausgewählten Fällen können mikrochirurgische Adhäsiolyse, Duraplastik oder eine Shunt-Anlage erwogen werden, wenn eine Liquorblockade oder Zysten vorliegen. Das Risiko neuer Narben muss abgewogen und die Erwartungen sollten abgestimmt werden: Ziel ist meist die Verbesserung von Schmerz oder Funktion, nicht die „Heilung“ der Erkrankung.

 

Erwarteter Nutzen vs. Risiken und Grenzen

  • Möglicher Nutzen: Schmerzlinderung, bessere Belastbarkeit und Schlaf, mehr Selbstständigkeit im Alltag.
  • Risiken/Grenzen: heterogene Reaktion, Nebenwirkungen von Medikamenten, Geräteversagen, erneute Adhäsionsbildung nach OP, emotionale Belastung durch chronische Schmerzen.

Individualisierung des Plans und regelmäßige Verlaufskontrollen erhöhen die Chance auf gute Ergebnisse.

 

Praktische Kriterien für die Überweisung in eine spezialisierte Einheit

  • Schwere, anhaltende neuropathische Schmerzen trotz konservativer Maßnahmen.
  • Fortbestehende diagnostische Unsicherheit (klinisch–bildgebende Diskordanz).
  • Progrediente neurologische Defizite oder Sphinkterstörungen.
  • Mehrfache Voroperationen mit funktionellem Abbau.
  • Bedarf an fortgeschrittenen Verfahren (z. B. gezieltes MRT, Neuromodulation).

 

Realistische Genesungszeiträume

Einen einheitlichen Zeitplan gibt es nicht. Mit einem multimodalen Plan berichten viele allmähliche Verbesserungen über Wochen bis Monate, während Medikamente, Training und Schlafroutinen angepasst werden. Beständige Gewohnheiten (regelmäßige Bewegung, Haltungs­hygiene, psychologische Unterstützung) helfen, Ergebnisse mittel­fristig zu halten.

 

Wann sollte man dringend ärztliche Hilfe suchen?

  • Hohes Fieber mit Wirbelsäulenschmerz.
  • Plötzlicher Kraftverlust in einem oder beiden Beinen.
  • Sattelanästhesie oder neu aufgetretene Inkontinenz.
  • Schmerzen, die sich von Tag zu Tag verschlimmern trotz Analgesie und relativer Schonung.

 

Mythen und Fakten

  • „Im MRT sieht man alles.“ Nicht immer: manche Fälle sind subtil; die klinische Beurteilung bleibt entscheidend und es gibt ergänzende Techniken.
  • „Nach einer OP ist es geheilt.“ Nicht genau: selbst bei OP-Kandidaten ist das Ziel Linderung; die Reaktionen variieren.
  • „Wenn es wehtut, muss ich ruhen.“ Längerer Ruhe führt meist zur Dekonditionierung; stufenweise Aktivität ist besser.
  • „Es ist nur psychisch.“ Falsch: der Schmerz ist real. Emotionen modulieren die Erfahrung, verursachen sie aber nicht allein.

 

Häufig gestellte Fragen

 

Wie wird adhäsive Arachnoiditis diagnostiziert?

Durch ausführliche Anamnese und neurologischen Status sowie ein MRT. Bei Unklarheit kann ein MRT in Bauchlage und können neurophysiologische Untersuchungen erwogen werden.

 

Ist adhäsive Arachnoiditis heilbar?

Eine einfache Heilung gibt es nicht. Ziel ist die Schmerzlinderung und Funktionsverbesserung mit einem individuellen multimodalen Plan; eine Operation bleibt ausgewählten Fällen vorbehalten.

 

Was verursacht sie am häufigsten?

Sie kann mit früheren Operationen, Infektionen, Traumata, degenerativen Prozessen oder historischen chemischen Reizstoffen zusammenhängen. Nicht alle Fälle haben dieselbe Ursache.

 

Wie unterscheidet sie sich von epiduraler Fibrose?

Epidurale Fibrose ist eine Narbe außerhalb der Dura; die adhäsive Arachnoiditis betrifft Membranen und Wurzeln innerhalb des Duralsacks. Das MRT hilft bei der Abgrenzung.

 

Wann sollte man eine Rückenmarkstimulation erwägen?

Bei refraktären neuropathischen Schmerzen nach Optimierung von Medikation, Rehabilitation und weniger invasiven Verfahren—und stets nach Beurteilung in einer spezialisierten Einheit.

 

Welche Zeichen erfordern dringende Hilfe?

Fieber mit Wirbelsäulenschmerz, plötzliche Schwäche, Sattelanästhesie, neue Inkontinenz oder Schmerzen, die sich trotz Analgetika von Tag zu Tag verschlimmern.

 

Welche Übungen sind zu Beginn meist am sichersten?

Sanfte, progressive Ausdaueraktivität (Gehen, Heimtrainer, Aquatherapie), Haltungs- und Motorikkontrolle—angepasst an die Toleranz und unter Anleitung.

 

Wie lange bis eine Besserung spürbar ist?

Meist allmählich über Wochen bis Monate bei multimodalem Vorgehen. Zeiträume variieren; Konstanz und therapeutische Anpassung sind entscheidend.

 

Glossar

Arachnoidea: Mittlere Hirnhaut, die Rückenmark und Nervenwurzeln bedeckt.
Adhäsionen: Bänder oder Areale innerer Narben, die Gewebe „verkleben“, die eigentlich gleiten sollten.
Liquor (CSF): Zerebrospinalflüssigkeit, die um Gehirn und Rückenmark zirkuliert.
Wurzelbündelung: Abnormes Zusammenlagern von Nervenwurzeln im MRT sichtbar.
Neuromodulation: Verfahren, die die Schmerz­wahrnehmung mittels implantierbarer elektrischer Geräte verändern.

 

Referenzen

  1. Dr. Vicenç Gilete, Neuro- und Wirbelsäulenchirurg. Evaluation Arachnoiditis and Root Clumping. Verfügbar unter: https://drgilete.com/de/dienstleistungen/evaluation-arachnoiditis-and-root-clumping/. Zugegriffen am 25. August 202

  2. National Institute of Neurological Disorders and Stroke (NINDS). Arachnoiditis. Verfügbar unter: https://www.ninds.nih.gov/health-information/disorders/arachnoiditis. Zugegriffen am 25. August 2025.
  3. Orphanet. Arachnoiditis. Verfügbar unter: https://www.orpha.net/es/disease/detail/137817. Zugegriffen am 25. August 2025.

 

Wichtiger Hinweis

Dieser Inhalt dient der Information und ersetzt keine individuelle ärztliche Beurteilung. Beginnen, ändern oder beenden Sie keine Behandlungen ohne fachlichen Rat.

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