Nicht alle Patientinnen und Patienten mit Schmerzen in der Hals- und Brustwirbelsäule benötigen eine Operation. Tatsächlich können die meisten ihre Beschwerden durch nicht-chirurgische Therapien wie Bewegungstherapie, Medikamente und Physiotherapie lindern.
In einigen Fällen bleibt jedoch bei einer zervikalen Bandscheibenhernie nur die Operation. Die optimale Option – sofern keine Kontraindikationen vorliegen – ist der zervikale Bandscheibenersatz (zervikale Bandscheibenprothese). Die künstliche Bandscheibenprothese erhält die Beweglichkeit und Flexibilität der degenerierten Halswirbelsäule.
1‑Was ist ein zervikaler Bandscheibenersatz?
Die neueste Innovation in der operativen Behandlung von Bandscheibenherniationen mit Myelopathie oder Radikulopathie ist das Einsetzen einer zervikalen Bandscheibenprothese. Dabei wird ein geschädigter oder degenerierter Bandscheibenkern entfernt und durch eine Prothese ersetzt. Der zervikale Bandscheibenersatz, auch Totalendoprothese genannt, ist in Europa zugelassen und von der FDA für die Behandlung symptomatischer Bandscheibenerkrankungen freigegeben.
2‑In welchen Situationen ist eine künstliche Bandscheibe indiziert?
Eine künstliche Bandscheibe kann bei degenerativen Veränderungen oder Bandscheibenherniationen im Halsbereich eingesetzt werden. Sie wird Patienten empfohlen, die eine Kompression des Rückenmarks oder der Nervenwurzeln aufweisen, sowie solchen mit zervikalen Schmerzen, bei denen eine Operation indiziert ist. Der Facharzt entscheidet individuell über das geeignete Verfahren.
3‑Wer ist der ideale Kandidat für einen zervikalen Bandscheibenersatz?
Jede Patientin und jeder Patient mit symptomatischer Bandscheibenerkrankung im Halsbereich, die auf konservative Therapien nicht anspricht und keine Kontraindikationen für diesen Eingriff aufweisen, darunter:
• Zervikale Instabilität.
• Zervikales Trauma.
• Ossifikation im Halsbereich.
• Langandauernde degenerative Veränderungen.
• Osteoporose.
• Starke Schmerzen, die von den Facettengelenken ausgehen.
4‑Aus welchen Materialien besteht die Prothese und ist sie erprobt?
Die Prothese wird aus verschiedenen Materialien gefertigt, darunter medizinische Titanlegierung, Polyurethan und Kobalt-Chrom. Implantate aus diesen Werkstoffen kommen seit vielen Jahren sicher zum Einsatz, gemäß den entsprechenden Richtlinien.
5‑Wie wird die Prothese eingesetzt? Ist die zervikale Wirbelsäulenchirurgie etabliert?
Die Prothese wird üblicherweise über einen Zugang von vorne am Hals – meist auf der rechten Seite – implantiert, um direkten Zugriff auf den Bandscheibenraum zu erhalten. Dabei handelt es sich um einen Routineeingriff, bei dem der Chirurg folgende Schritte durchführt:
– Zurückhalten der Weichteile (Haut, Fettgewebe und Muskeln), um die vordere Halswirbelsäule freizulegen.– Entfernung der Bandscheibe sowie eventuell vorliegender knöcherner Anteile, die Neuralstrukturen komprimieren (Diskektomie und Dekompression).
Nach Entfernung der betroffenen Bandscheibe wird die Prothese in den Zwischenwirbelraum eingesetzt. Weitere Informationen finden Sie im folgenden Erklärvideo.
6‑Was passiert nach der Operation?
In den meisten Fällen wird ein Drainageschlauch in der Wunde belassen. Der Chirurg verordnet Schmerzmittel gegen postoperative Beschwerden.
Am folgenden Tag wird die Drainage entfernt, und der Patient kann aufstehen und gehen. Schluckbeschwerden treten häufig auf, klingen jedoch allmählich ab.
Nach zwei bis drei Tagen kann der Patient in der Regel nach Hause oder, falls er reist, ins Hotel entlassen werden. Eine weiche Halskrause wird empfohlen – ist jedoch nicht zwingend –, um in den ersten zehn Tagen ruckartige Halsbewegungen zu vermeiden.
Nach etwa zwei Wochen können die Patientinnen und Patienten ihre gewohnten Tätigkeiten wieder aufnehmen, sollten jedoch schweres Heben und intensive körperliche Anstrengung vermeiden.
Im ersten Monat ist Gehen die empfohlene Bewegung, da es als beste Übung für die Genesung gilt.
Etwa drei Monate nach dem Eingriff erfolgen Kontrollröntgenaufnahmen, um die korrekte Position und Funktion der Prothese zu überprüfen. Ist alles in Ordnung, kann der Patient sicher wieder Sportarten wie Radfahren oder Laufen ausüben.
Zu beachten ist, dass die meisten zervikalen Implantate metallisch oder teils metallisch sind, jedoch nur selten Metalldetektoren auslösen.
7‑Risiken der Operation bei zervikaler Bandscheibenherniation
• Nervenverletzung : äußerst selten.
• Geringes Risiko für Blutungen und Infektionen.
• Vorübergehende Schluckbeschwerden : relativ häufig.
• Fehlpositionierung der Prothese oder postoperatives Wandern, was eine Revision erforderlich machen kann.
• Spontanfusion auf Höhe der Prothese.
• Verletzung der Speiseröhre oder Stimmbandnerven : sehr selten.
8‑Vorteile des zervikalen Bandscheibenersatzes
• Über 90 % Zufriedenheit bei der Linderung von Hals- und Nervenschmerzen.
• Schutz der Nachbardiskusse : Beweglichkeitserhalt beugt einer beschleunigten Degeneration vor.
• Frühe Mobilität nach dem Eingriff.
• Erhalt des natürlichen Bewegungsumfangs.
• Kein Knochentransplantat erforderlich.
• Niedrigere Nachoperationsrate als bei Fusion.
• Keine vordere Plattenosteosynthese nötig.
• Erhalt der Wirbelsäulenbeweglichkeit, was die benachbarten Ebenen schont.
• Weiche Halskrause nur wenige Tage statt 4 – 6 Wochen.
• Kurzer Krankenhausaufenthalt : Entlassung am Tag des Eingriffs oder am Folgetag.
• Geringe postoperative Schmerzen, meist nach 2 – 3 Tagen abgeklungen.
• Schnelle Erholung : leichte Aktivitäten nach 1 – 2 Wochen, intensivere nach 6 Wochen.
Für weitere Informationen besuchen Sie bitte folgenden Link : https://drgilete.com/de/spezialgebiete/zervixchirurgie/zervikaler-bandscheibenersatz/
Quellen:
Dr. Vicenç Gilete, Neurochirurg und Wirbelsäulenchirurg.
Neurosurgery Bände I – III. Herausgegeben von Robert H. Wilkins und Setti S. Rengachary. McGraw‑Hill.
Handbook of Neurosurgery. Mark S. Greenberg, siebte Auflage. Thieme